Welcher Fräser für welche Anwendung? Praxisguide Aluminiumzerspanung

Welcher Fräser für welche Anwendung? Praxisguide Aluminiumzerspanung

Die Wahl des passenden Fräsers ist bei der Aluminiumzerspanung der Schlüssel zu präzisen und wirtschaftlichen Ergebnissen. In einem früheren Beitrag („Welche Fräser soll ich für Aluminium benutzen?“) habe ich dir bereits einen Überblick über verschiedene Fräserarten und ihre grundlegenden Einsatzgebiete gegeben. Damals stand vor allem im Fokus, wie die Geometrie des Werkzeugs die Spanabfuhr beeinflusst und welche Rolle sie für die Oberflächenqualität spielt.

Einige Grundlagen daraus greife ich hier noch einmal auf. Falls du dich mit den speziellen Fräsertypen für Aluminium noch nicht so vertraut gemacht hast, lohnt es sich, zuerst den erwähnten Beitrag zu lesen: zum einführenden Blogbeitrag

Dieser Blogbeitrag beleuchtet das Thema deutlich ausführlicher und praxisnaher: Du erfährst, welcher Fräser in welchen Bearbeitungssituationen die beste Wahl ist und wie du ihn optimal einsetzt, um perfekte Ergebnisse zu erzielen. Egal, ob du Hobby-Zerspaner bist, oder als professioneller Anwender Werkstücke bearbeiten möchtest – dieser umfassende Praxisguide hilft dir, die optimale Werkzeugwahl zu treffen und typische Fehler beim CNC-Fräsen von Aluminium zu vermeiden.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Was zeichnet die Aluminiumzerspanung aus?
  2. Nuten fräsen
  3. Taschen fräsen
  4. Konturen fräsen
  5. Bohrfräsen
  6. Gravuren
  7. Planfräsen

1. Was zeichnet die Aluminiumzerspanung aus?

Die Zerspanung von Aluminium ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass dabei deutlich höhere Zerspanungskräfte auftreten als bei der Holzzerspanung. Dadurch steigen die Anforderungen an die Steifigkeit der CNC-Fräse und die eingesetzte Lineartechnik.

Denn höhere Kräfte führen zu höheren Durchbiegungen bzw. Schwingungen der Maschinenkomponenten, welche sich wiederum negativ auf die Maßhaltigkeit des Werkstückes und die Qualität der gefertigten Oberflächen auswirken. Deswegen eignen sich viele Hobby-CNC-Fräsen aus dem unteren Preissegment gar nicht für die Aluminiumzerspanung.

CNC-Fraese - Lineartechnik
Eine hochwertige Lineartechnik ermöglicht die Aluminiumzerspanung

Neben den Auswirkungen auf die Maschine an sich, müssen die höheren Zerspanungskräfte auch bei der Wahl des Fräsers, bei der Frässtrategie und bei den Schnittwerten berücksichtigt werden.

Ein weiterer Aspekt ist die Homogenität von Aluminum. Anders als beim Vollholz und den meisten Holzwerkstoffen, kann bei der Aluminiumzerspanung mit gleichbleibenden Zerspankräften gerechnet werden. Sie hängen nicht von der Lage im Werkstück und auch nicht von der Bearbeitungsrichtung ab, sondern hauptsächlich von den Schnittwerten und vom Zustand des Fräsers (scharf oder verschlissen).

Eine weitere Eigenschaft vom Aluminium ist die Neigung bei höherer Temperatur zu schmieren und im schlimmsten Fall am Fräser haften zu bleiben. Das kann zum Bruch des Fräsers führen oder zumindest eine Änderung der Schneidengeometrie und in der Folge eine Verschlechterung des Zerspanungsprozesses hervorrufen. Um das zu verhindern sollten immer mehrere der folgenden Gegenmaßnahmen getroffen werden.

  • Spandicke über Schnittwerte optimieren
  • Spanabfuhr optimieren
  • Kühlschmiermittel verwenden
  • Beschichtete Fräser verwenden
  • Geeignete Aluminiumlegierung verwenden

Da die beim Fräsen entstehende Wärme zum Teil von den Spänen aufgenommen wird und über diese abgeführt werden kann, gilt es diesen Wärmetransport bestmöglich auszunutzen. Das lässt sich zum einen über die Spangeometrie steuern. Je dicker die Späne sind, desto besser können sie die Wärme aufnehmen.

Außerdem reibt der Fräser weniger an der Werkstückoberfläche, je höher die Spandicke gewählt wird, was sich auch positiv auf die Wärmeentwicklung und den Verschleiß des Fräsers auswirkt. Leider steigt mit der Spandicke auch die Zerspankraft an, sodass hier immer ein Kompromiss gefunden werden muss.

In meiner Beitragsreihe "CNC Schnittdaten verstehen" kannst du nachlesen, wie du die Spandicke durch Wahl der Schnittwerte einstellen kannst.

Neben der Spandicke nimmt auch die Spanabfuhr bei der Aluminiumzerspanung einen sehr hohen Stellenwert ein und muss noch höher priorisiert werden als beim Fräsen von Holz. Schließlich müssen die Späne vom Werkstück weg befördert werden, um die Wärme auch tatsächlich effektiv auf diesem Wege abführen zu können. Wie wir im Laufe dieses Beitrags noch sehen werden, hat das bei vielen Frässtrategien einen entscheidenden Einfluss auf die Wahl des Fräsers.

Generell kommen ausschließlich rechtsspiralige Fräser zum Einsatz, da diese die Späne am besten abführen. Es sollten ausschließlich Fräser verwendet werden, die laut Hersteller bzw. Händler explizit für die Aluminiumzerspanung geeignet sind, da die Schneidengeometrie für den Einsatzzweck optimiert ist.

Eine weitere Maßnahme, um hohe Temperaturen und das Schmieren des Werkstoffes zu vermeiden, ist der Einsatz von Kühlschmiermitteln. Diese verbessern nicht nur die Spanabfuhr, sondern vermindern auch die Reibung des Fräsers am Werkstück, sodass generell weniger mechanische Energie in Wärme umgewandelt wird.

Dabei muss allerdings bedacht werden, dass sich das Kühlschmiermittel überall im Umkreis des Werkstückes niederschlägt und der Reinigungsaufwand nach dem Fräsen viel höher ist. Außerdem lassen sich vom Kühlschmiermittel gebunden Späne schlecht absaugen.

Deswegen ist auch die trockene Zerspanung sehr beliebt und problemlos möglich, wenn eine gute Span- und Wärmeabfuhr gewährleistet ist. Es müssen dann aber ein höherer Werkzeugverschleiß und teilweise auch schlechtere Oberflächenqualitäten in Kauf genommen werden.

Und hier kommen Beschichtungen als weitere Gegenmaßnahme ins Spiel. Diese können, ähnlich wie Kühlschmiermittel, auch die Reibung zwischen Fräser und Werkstück reduzieren und somit die negativen Auswirkungen der trockenen Zerspanung teilweise kompensieren. Daher empfehle ich für die trockene Zerspanung DLC-beschichtete Fräser.

Beschichteter Fräser - eignet sich gut für die trockene Zerspanung

Ein letzter Aspekt, der bei der Aluminiumzerspanung beachtet werden muss, ist die Wahl der richtigen Aluminiumsorte. Bevorzugt sind Aluminiumknetlegierungen (erkennbar am Kürzel “EN AW”) zu verwenden, die laut Hersteller/Lieferant gut für die Zerspanung geeignet sind.

Für Hobbyzerspaner empfehle ich die Legierung EN AW-5083, da sie sich unkompliziert in Form von plangefrästen Platten in diversen Onlineshops beschaffen lässt. Es gibt aber noch viele weitere Legierungen, die sich gut für die Zerspanung eignen. So habe ich persönlich auch mit den folgenden Legierungen gute Erfahrungen gemacht:

  • EN AW-2017A
  • EN AW-6082
  • EN AW-7075

2. Nuten fräsen

Das Nutenfräsen ist erfahrungsgemäß die kritischste Anwendung beim Zerspanen von Aluminium. Die Spanabfuhr hat hier, ähnlich wie beim Nutenfräsen in Holz, höchste Priorität. Der Unterschied ist, dass die negativen Konsequenzen einer schlechten Spanabfuhr hier viel schneller eintreten.

Der Spielraum für suboptimale Bedingungen ist also deutlich geringer, weshalb beim Nutenfräsen in Aluminium möglichst diejenigen Fräser zum Einsatz kommen sollten, die eine optimale Spanabfuhr gewährleisten: rechtsspiralige Einschneider mit großen, polierten Spannuten, welche für die Aluminiumzerspanung optimiert sind.

Einschneider für die Aluminiumzerspanung
Einschneider für die Aluminiumzerspanung

Wie bereits erwähnt, kann mit diesen Fräsern auch trocken gefräst werden. Bei tiefen Nuten (etwa > 1,5D) sollten die in der Nut verbleibenden Späne aber regelmäßig abgesaugt oder mit Druckluft weggepustet werden. Sollte dies nicht möglich sein, empfehle ich bei tiefen Nuten den Einsatz von Kühlschmiermittel.

Der Einsatz von Kühlschmiermittel macht auch die Verwendung von Zweischneidern beim Nutenfräsen möglich. Da mit Zweischneidern schneller gefräst kann, kann so die Bearbeitungsdauer verkürzt werden. In Anbetracht des höheren Risikos durch die schlechtere Spanabfuhr eines Zweischneiders, lohnt sich diese Zeitersparnis für Hobby-Zerspaner allerdings meist nicht.

3. Taschen fräsen

Beim Taschenfräsen hat die Spanabfuhr eine etwas geringere Priorität, da die Späne meist genug Platz haben um seitlich auszuweichen. Je tiefer und enger die Tasche jedoch ist, desto wichtiger wird die Spanabfuhr. Generell bietet es sich auch hier weiterhin an, Einschneider zu verwenden. Es ist aber nicht zwingend notwendig.

Beim konventionellen Taschenfräsen kann es zwar vorkommen, dass der Fräser kurzzeitig eine Vollnut fährt, jedoch meist nur mit den geringen Tiefenzustellungen, die bei der hobbymäßigen Zerspanung von Aluminium üblich sind. Diese bewegen sich im Bereich um 1 mm, sodass die Späne auch dann gut abfließen können. Daher ist eine trockene Bearbeitung fast immer problemlos möglich.

Durch die geringen Tiefenzustellungen werden Taschen immer in mehreren Tiefenschnitten gefertigt. Die Bearbeitungsspuren der einzelnen Tiefenschnitte können an der gefertigten Oberfläche sichtbar sein, sodass es immer sinnvoll ist diese im Nachgang noch ein Mal zu schlichten, um eine gleichmäßige Oberfläche zu erzielen.

Das Schlichten hat bei der Aluminiumzerspanung einen höheren Stellenwert als bei der Holzzerspanung, da sich der positive Einfluss auf die Qualität der Oberflächen und auch die Maßhaltigkeit des Werkstückes viel deutlicher bemerkbar macht.

Für den Schlichtgang kann sich ein Fräserwechsel auf einen Dreischneider lohnen. Zumindest im Vergleich zu Einschneidern können damit oft bessere Oberflächenqualitäten erzielt werden.

Dreischneider eignen sich gut zum Schlichten

Neben den Seitenwänden kann selbstverständlich auch der Grund der Tasche geschlichtet werden. Daraus ergibt sich aber nur selten ein wesentlicher Vorteil, da auch der Schlichtgang deutlich sichtbare Bearbeitungsspuren am Grund der Tasche hinterlässt.

Der Einsatz von Kühlschmiermittel oder beschichteten Fräsern ist auch beim Taschenfräsen hilfreich, um den Verschleiß des Fräsers zu reduzieren und qualitativ bessere Ergebnisse zu erzielen.

Wenn der Verschleiß vernachlässigbar ist, aber eine besonders gute Bearbeitungsqualität erzielt werden soll, reicht es auch aus vor dem Schlichtgang eine geringe Menge Kühlschmiermittel/Schneidspray manuell (bspw. mit einem Pinsel) auf die zu bearbeitetenden Oberflächen aufzutragen. So kann der Reinigungsaufwand, der sich aus dem Einsatz des Kühlschmiermittels ergibt, deutlich verringert werden.

4. Konturen fräsen

Beim Konturfräsen ist die Spanabfuhr zur Seite automatisch gewährleistet, sodass die Anzahl der Schneiden bei der Wahl des Fräsers keine Rolle spielt. Üblich sind auch hier Einschneider und Zweischneider. Zum Schlichten, oder wenn besonders hohe Vorschubgeschwindigkeiten bevorzugt werden, können auch Dreischneider verwendet werden

Linksspiralige Fräser und Fräser mit wechselseitigem Drall, die wir aus der Holzzerspanung kennen, sind bei der Metallzerspanung übrigens generell unüblich und kommen höchstens gelegentlich im professionellen Umfeld zum Einsatz.

Denn mit diesen Fräsern können zwar - ähnlich wie bei der Holzzerspanung - Grate an den Schnittkanten des Werkstückes vermieden werden, allerdings bergen auch scharfe Kanten ohne Grat noch eine erhöhte Verletzungsgefahr, weshalb das nachträgliche Kantenbrechen (Anfasen) normalerweise sowieso unumgänglich ist.

Anders als beim Konturfräsen von Hölzern, wo auch die Bearbeitung der gesamten Werkstückhöhe möglich ist, werden die Konturen von Werkstücken aus Aluminium in der Regel in mehreren Tiefenschnitten gefräst, um die Zerspankraft gering zu halten. Nur beim Schlichtgang wird die gesamte Werkstückhöhe bearbeitet, dann allerdings mit einer sehr geringen seitlichen Zustellung

Vor dem Schlichten empfiehlt es sich immer ein Kühlschmiermittel aufzutragen, um eine bessere Oberflächenqualität zu erzielen. Für das Schruppen (grober Materialabtrag) gilt auch hier wieder: Wenn der Verschleiß des Fräsers keine hohe Priorität hat, kann komplett trocken gefräst werden und falls trocken gefräst wird, sollten bevorzugt beschichtete Fräser verwendet werden.

5. Bohrfräsen

Beim Bohrfräsen, also beim Fertigen einer Bohrung durch eine helixförmige Fräsbahn, ergibt sich eine ähnliche Situation wie beim Nutenfräsen: Da die Späne nur nach oben abfließen können, hat die Spanabfuhr höchste Priorität.

Daher empfehle ich hier Einschneider zu verwenden. Mit diesen können Bohrungen auch problemlos trocken gefräst werden, sofern die Schnittwerte gut gewählt werden. Auch die Verwendung von Zweischneidern ist möglich, dann sollte aber in jedem Fall ein Kühlschmiermittel zugeführt werden.

Die Oberflächenqualität hat bei Bohrungen, abhängig vom Einsatzzweck, oftmals keinen hohen Stellenwert. Trotzdem kann es sich lohnen zum Schluss einen Schlichtgang zu fahren, um die Maßhaltigkeit der Bohrung zu verbessern.

Sollte man versuchen eine Passung zu fräsen, bietet es sich an mit einem kleineren Bohrungsdurchmesser zu starten und sich dann mit mehreren Schlichtgängen langsam an das Endmaß heranzutasten, da die gewünschte Genauigkeit meist nur auf diesem Wege ansatzweise erreichbar ist (so wie in diesem YouTube-Video gezeigt).

6. Gravuren

Zum Gravieren werden bevorzugt konische Fräser eingesetzt, da die Linienbreite dann über die Eintauchtiefe gesteuert werden kann.

Üblicherweise werden Gravierstichel mit Winkeln von 60° oder 90° eingesetzt. Dabei bezieht sich die Winkelangabe in der Regel auf den gesamten Winkel, der von der V-förmigen Spitze aufgespannt wird.

Metallgravuren werden meistens nicht sehr tief ausgeführt, daher ist die Spanabfuhr normalerweise kein wesentlicher Faktor.

Da sich Gravuren schlecht nachbearbeiten lassen, muss auf Anhieb ein optimales Ergebnis erzielt werden. Das heißt, die Gravur sollte komplett frei sein von Graten und von Spänen, die aufgrund hoher Temperatur in der Gravur haften bleiben könnten.

Daher lohnt es sich auch beim Gravieren ein Kühlschmiermittel einzusetzen, um die bestmöglichen Vorraussetzungen für ein gutes Ergebnis zu schaffen. Falls die Gravur später mit Lack gefüllt werden soll, muss das Kühlschmiermittel sehr sorgfältig entfernt werden.

Neben dem Einsatz von Kühlschmiermittel kann auch ein Schlichtgang helfen, um beim Gravieren bessere Ergebnisse zu erzielen. Das ist aber eher unüblich und bietet nur dann einen Vorteil, wenn trocken graviert wird.

7. Planfräsen

Für das Planfräsen von Oberflächen können dieselben Schaftfräser verwendet werden, die auch beim Taschenfräsen zum Einsatz kommen. In der Regel sind das also Fräser mit Durchmessern bis 6 mm. Die Zerspanungskräfte, die bei Fräsern mit größeren Durchmessern auftreten, können bei üblichen Tiefenzustellungen nur von professionellen Bearbeitungszentren bewältigt werden.

Bei der Wahl des Fräsers ist vor allem auf einen flachen Stirnanschliff zu achten. Daher sind die typischen Aluminium-Einschneider schlechter für das Planfräsen geeignet, weil sie in der Regel einen eher steilen stirnseitigen Anschliff besitzen, der deswegen teilweise auch als “Habichtschnabel” bezeichnet wird.

Besser geeignet sind also Zwei- oder Dreischneider mit flachem Stirnanschliff. Im Bild unten siehst du links einen Einschneider und rechts einen Dreischneider, dessen stirnseitiger Anschliff deutlich flacher ist.

Steiler (links) und flacher (rechts) stirnseitiger Anschliff

Beim Planfräsen von Aluminium muss weiterhin bedacht werden, dass die Bearbeitungsspuren immer sichtbar sind. Wenn immer es möglich ist, sollte daher Plattenmaterial genutzt werden, das bereits die richtige Materialstärke hat, um die Notwendigkeit des Planfräsens zu vermeiden.

Das gilt zumindest für Sichtteile, die gut aussehen sollen, da es sehr aufwendig ist die Bearbeitungsspuren durch Schleifen und Polieren zu entfernen.

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